Leichtathletik: Kim Vaskes erste Tage bei den Paralympics in Paris / Überwältigende Eröffnungsfeier

Quellenangabe: Sportredakteur Marius Holthaus, Emsdettener Volkszeitung, Ausgabe 31.08.2024

Kim Vaske im emotionalen Ausnahmezustand. „Wer mich kennt, der weiß, dass ich die ganze Zeit quatsche“, sagt sie, „aber bei der Eröffnungsfeier war ich bestimmt drei Stunden sprachlos, hatte die ganze Zeit große Augen und musste auch das eine oder andere Tränchen verdrücken.“

Millionen Menschen weltweit verfolgten am Mittwoch den feierlichen Start der Paralympics in Paris. Vor Ort jubelten Zehntausende Zuschauer den einlaufenden Nationen zu. Und damit auch Kim Vaske aus Emsdetten, die nach einer Zitterpartie die Nominierung für dieses gigantische Ereignis geschafft hatte. Die EV blickt mit ihr zurück auf die ereignisreichen letzten Tage.

Nach dem Vorbereitungscamp ihrer Leichtathletik-Trainingsgruppe in Südfrankreich startete am Montag der Flieger von Nizza nach Paris. Alle trugen dasselbe deutsche Team-Outfit. Das fällt natürlich auf. Immer wieder sprachen andere Passagiere die Sportler an, wünschten viel Erfolg. In der Hauptstadt angekommen, wurde der Tross am normalen Wartebereich vorbei direkt Richtung Bus gelotst. Die Fahrt zum Paralympischen Dorf führte auch am riesigen Stade de France, dem Herzstück der Spiele, vorbei. „Das war ein kleiner Schockmoment“, sagt die 19-Jährige, „ich dachte: Jetzt bist du wirklich da, und das ist dein Stadion.“

Erst mal aber stand der Einzug im Dorf an. Kim Vaske über ihre ersten Tage dort: „Das ist alles so krass und faszinierend. Ich war echt maßlos überfordert.“ Es gibt einfach zu viel zu entdecken. Auf dem zehnstöckigen deutschen Haus etwa thront eine Dachterrasse. In der 8. Etage teilt Vaske sich ein Zimmer mit ihrer Leverkusener Team-Kollegin Jule (beide starten unter anderem über 100 und 200 Meter). Von ihrem Eck-Balkon aus genießen sie einen Panorama-Blick über Seine, City und Eiffelturm.

Am Dienstagnachmittag erkundeten die beiden auf Fahrrädern das Dorf, das Vaske nur „Village“ nennt, „weil hier sehr viel Englisch gesprochen wird. Es macht total Spaß, mit Sportlern aus anderen Nationen ins Gespräch zu kommen.“ Ihre Tour durchs Dorf dauerte eine volle Stunde! „Das ist eigentlich eine kleine Stadt, mit Straßennamen, Ampeln und Zebrastreifen.“

Es folgte der Mittwoch, der Tag der großen Eröffnungsfeier. Nach einer Einheit im Trainingsstadion fand sich Kim Vaske am Nachmittag im paralympischen Dorf in einer riesigen Warteschlange wieder. Die einzelnen Nationen standen an für ihren Bustransfer zur Prachtstraße Champs Élysées. Da es nach dem französischen Alphabet ging, war „Allemagne“ als eines der ersten Teams an der Reihe. Vaske ist beeindruckt von den immensen Sicherheitsmaßnahmen im Dorf und außerhalb. So waren etwa alle Straßen auf dem Weg zur Eröffnungsfeier für die Sportler abgesperrt. Die Bus-Tür wurde abgeklebt, damit man am Zielort erkennen konnte, ob sich unterwegs jemand ins Fahrzeug geschmuggelt hat.

Im deutschen Wartebereich vor Beginn der Feier kam Kim Vaske mit vielen anderen Sportlern ins Gespräch. Etwa mit Teamkollege und Weitspringer Markus Rehm, dem sie auch im „Village“ ständig übern Weg läuft. „Er ist total nett, gibt mir sportliche Tipps.“ Wenig später spielte Rehm noch eine Hauptrolle, als er im großen Scheinwerferlicht einer der letzten Fackelträger war, ehe das Paralympische Feuer entfacht wurde. Kim Vaske beobachtete die ergreifenden Szenen von ihrem Sitzplatz an der großen Bühne aus. Zuvor war sie mit der 143-köpfigen deutschen Mannschaft eingelaufen, schwenkte dabei eine deutsche Fahne. „Da ist mir noch mal bewusst geworden, dass ich es nach elf Monaten mit Höhen und Tiefen tatsächlich geschafft habe, dabei zu sein.“ Die Sportler liefen einmal um die große Bühne am Place de la Concorde herum, gefeiert von 50000 Zuschauern in der proppevollen Freiluft-Arena.

Als alle Showacts vorbei, das Paralympische Feuer entzündet war, wollte Kim Vaske nur noch ins Bett. „Es war 0 Uhr, ich war echt müde.“

Es galt, eine Riesenmenge Eindrücke zu verarbeiten. Und das war ja erst der Anfang. Am 3. (100m), 4. (Kugelstoßen) und 7. September (200m) wird es für Kim Vaske dann sportlich ernst…